Jahrelang wurde er ausgearbeitet und am Dienstag auch vom höchsten Gremium der Weltgesundheitsorganisation (WHO) abgesegnet: Die Rede ist vom weltweiten Pandemievertrag.
Bei der Weltgesundheitsversammlung in Genf hatte keiner der über 190 Mitgliedsstaaten der WHO einen Einwand gegen die Vereinbarung vorgebracht. Somit erklärte der philippinische Gesundheitsminister Ted Herbosa als Sitzungspräsident das Abkommen für verabschiedet.
Durch das Abkommen sollen Lehren aus der Corona-Pandemie gezogen und die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen künftige Pandemien verstärkt werden. Ziel des Vertrags sei es "Pandemien zu verhindern, sich auf sie vorzubereiten und auf sie zu reagieren", heißt es.
So soll beispielsweise ein Chaos bei der Beschaffung von Schutzmaterialien, wie es bei der Corona-Pandemie der Fall war, verhindert werden. Zudem soll die faire Verteilung von Impfstoffen zwischen armen und reichen Ländern gesichert werden.
Das Kernstück der Vereinbarung ist allerdings ein neuer Mechanismus, der die rasche Weitergabe von Daten über Krankheitserreger an Pharmaunternehmen in Kombination mit einem Vorteilsausgleich ermöglichen soll.
So soll gewährleistet werden, dass die Pharmaindustrie bei künftigen Krisen in der Lage ist, schneller mit der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten zu beginnen. Im Gegenzug müssen die teilnehmenden Unternehmen der WHO 20 Prozent ihrer pandemierelevanten Gesundheitsprodukte zur Verfügung stellen.
In einen Anhang wurde eines der umstrittenen Themen geschoben. Dieser sei noch nicht ausgehandelt worden. Konkret geht es dabei darum, unter welchen Bedingungen Länder Pharmafirmen, gefährliche Viren oder Mikroorganismen zur Verfügung stellen und wie sie dafür mit bevorzugter Belieferung von Impfstoffen oder Medikamenten entlohnt werden.
Der Vertrag dürfte allerdings erst in ein paar Jahren in Kraft treten. Demnach soll nächstes Jahr die technische Umsetzung des Mechanismus von den Mitgliedsstaaten abgesegnet werden. Anschließend müsse das Abkommen von mindestens 60 Staaten ratifiziert worden sein.
In Österreich macht die stimmenstärkste Nationalratspartei FPÖ schon seit längerem Stimmung gegen das Abkommen. Der Gesundheitssprecher der Blauen Gerhard Kaniak spricht von einem "Angriff auf unsere Souveränität" und verlangt von der Bundesregierung, dem Vertrag nicht zuzustimmen. Österreich solle bis zum 19. Juli 2025 von der Opt-out-Möglichkeit Gebrauch zu machen.
"Dieser Pandemievertrag bringt eine Kompetenzübertragung weg von den demokratisch legitimierten Regierungen der WHO-Mitgliedsstaaten hin zur WHO – einer demokratisch nicht legitimierten internationalen Organisation", so der Freiheitliche. Zudem ortet Kaniak eine "schwammige Definition" im Vertrag, wenn es um den Pandemienotfall geht.
"Der Pandemienotfall soll bereits bei der Ausbreitung einer ansteckenden Krankheit ausgerufen werden können – und zwar ohne Berücksichtigung von deren Gefährlichkeit und unter Einbeziehung von Faktoren, wie zum Beispiel Demokratie, Umwelt oder Klima, die ideologischer und nicht medizinischer Natur sind", beklagt Kaniak. Der Blaue befürchtet dadurch die "willkürliche Verhängung eines Dauernotstandes mit weitgehenden Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte".
In der gleichen Aussendung bewirbt Kaniak auch eine Online-Petition mit dem Titel "WHO-Pandemievertrag stoppen", die von den Freiheitlichen bereits vor ein paar Wochen gestartet wurde. Dem FPÖ-Politiker zufolge sei diese bereits von mehr als 25.000 Österreicherinnen und Österreichern unterzeichnet.