Zurzeit gibt es gehäuft Schlagzeilen, dass laut manchen Meteorologen in Europa ein "Jahrhundertsommer" zu erwarten sei mit Temperaturen um 40 Grad und mehr. Wie UBIMET-Meteorolge Nikolas Zimmermann schreibt, ist diese Prognose zum jetzigen Zeitpunkt aber deutlich überspitzt.
Generell werden zwei Themen vermischt: Die mittlere Sommertemperatur und die absoluten Höchstwerte. Die verfügbaren Modelle geben nämlich nur einen Hinweis auf ersteres, während die absoluten Höchstwerte von einzelnen Wetterlagen abhängen. Erst im Vorjahr gab es ein Paradebeispiel: Der Sommer war etwa in Wien der wärmste seit Messbeginn, es gab aber eine Höchsttemperatur von "nur" 36,7 Grad, was deutlich unter dem Wiener Rekord von 39,5 Grad aus dem August 2013 liegt.
Hintergrund der aktuellen Schlagzeilen sind die neuesten saisonalen Modellberechnungen der internationalen Wetterdienste. Diese werden einmal im Monat veröffentlicht, und zwar am 10. Tag des Monats. Da der meteorologische Sommer vom 1. Juni bis zum 31. August geht, ist dies das letzte Update vor dem Sommerbeginn.
Im Mittel geben die neun Wettermodelle ein recht eindeutiges Signal für den kommenden Sommer in Europa. Von West nach Ost gibt es Abweichungen zwischen etwa +1 und +2 Grad im Vergleich zum Modellklima von 1993 bis 2016. Im Detail gibt es von Modell zu Modell aber Unterschiede: So sind einzelne Modelle besonders extrem, wie etwa das kanadische Modell ECCC, während andere geringere Abweichungen berechnen, wie das amerikanische NCEP-Modell.
Man kann also mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass der Sommer 2025 wärmer bzw. vermutlich sogar deutlich wärmer als üblich ausfallen wird. Ob der Sommer aber feuchtwarm wie etwa im Vorjahr oder trocken-heiß mit extremen Hitzepeaks verlaufen wird, kann man alleine daraus nicht ableiten. Das hängt von den vorherrschenden Großwetterlagen und den Niederschlagsmengen ab. Deren Prognosen sind aber mit noch größeren Unsicherheiten behaftet, als jene der Temperatur.
Im Mittel deuten die Modellberechnungen derzeit auf einen etwas zu trockenen Sommer in Mittel- und vor allem in Osteuropa hin. Die Berechnungen gehen aber weiter auseinander als jene der Temperatur, so deuten einzelne Modelle sogar auf leicht überdurchschnittliche Niederschlagsmengen in den Alpen hin.
Beim Niederschlag können zudem immer häufiger einzelne Wetterlagen über die Bilanz entscheiden, da der Wasserkreislauf durch den Klimawandel intensiviert wird. Es kann also wochenlang trocken sein, und dann bei passender Wetterlage innerhalb von ein oder zwei Tagen der gesamte Monatsniederschlag fallen. In den Alpen gibt es zudem oft große Unterschiede auf engem Raum.
Ähnlich wie die Angabe "Jahrhunderthochwasser" verliert auch der Begriff "Jahrhundertsommer" im Zuge des Klimawandels seinen Sinn. Der Begriff ist zwar interessant, um statistische Vergleiche mit dem vergangenen Klima zu ziehen, allerdings müssen wir uns in Zukunft immer häufiger auf "Jahrhundertereignisse" einstellen, weil sich das Klima derzeit relativ rasch verändert: Was damals selten war, wird in Zukunft mitunter üblich sein.
Etwa wird ein "Jahrhundertsommer" wie 2003 schon in wenigen Jahren unser neuer Durchschnitt sein. Die Frage ist also, wie wird ein Rekordsommer im Jahre 2030, 2050 und 2100 aussehen? Auf jeden Fall wesentlich wärmer als der Sommer 2003. Der Begriff "Jahrhundertsommer" soll also Synonym von "Rekordsommer" sein, wobei es u.a. in Wien erst im Vorjahr einen neuen Rekord gab.
Die absoluten Höchstwerte spielen dabei aber nur eine Nebenrolle. Im Sommer 2024 gab es viele Hitzetage und viele Tropennächte, aber keine Extremwerte um 40 Grad wie etwa im Sommer 2013. Am Ende ist der Durchschnitt entscheidend, und ein durchgehend warmer Sommer hat eine höhere Wahrscheinlichkeit auf Platz 1 zu landen, als ein Sommer mit einzelnen, aber dafür extremen Hitzewellen.
Mittlerweile kann man also jedes Jahr von einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für einen Jahrhundertsommer ausgehen, da die Anzahl und Intensität von Hitzewellen durch den Klimawandel zunimmt. Früher oder später wird man also ohnehin recht haben. Ob es heuer der Fall sein wird, ist aber noch alles andere als abgesichert.
Ja, Europa steht vor der zunehmenden Gefahr, dass extreme Hitzewellen, die früher als "Jahrhundertsommer" galten, künftig zur neuen Normalität werden. Diese Entwicklung ist eng mit dem Klimawandel verknüpft. Wir können daher auch sagen, dass der Sommer 2025 mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wärmer als im Mittel abschneiden wird.
Nein, wir wissen nicht, ob der Sommer 2025 in Mitteleuropa Temperaturen um 40 Grad bringen wird. Wir wissen auch nicht, ob der Sommer ein "Jahrhundertsommer" bzw. "Rekordsommer" wird.