NÖ-Projekt Streunerkatzen

1.000 Tiere kastriert, aber einige Gemeinden blockieren

Steuergeld soll die Kastration zehntausender Streunerkatzen in Niederösterreich finanzieren. Einige Gemeinden lehnen die Kastrationsinitiative ab.
Victoria Carina  Frühwirth
15.05.2025, 07:45

Mit einem großen medialen Aufgebot startete die Landesregierung NÖ im Februar eine Kampagne zur geförderten Kastration von Streunerkatzen. Obwohl sich die Führung unter Schwarz-Blau bemüht zeigt, nehmen nicht alle Gemeinden am Kampagnen-Aufruf teil.

Steuergeld aus Land und Gemeinde

Die Informationskampagne von Volkspartei und den Freiheitlichen gilt als Initiative zur Kastration und somit zum stufenweisen Verschwinden aller Streunerkatzen im Land. Das Prinzip: Streunende Katzen sollen eingefangen, kastriert und wieder freigelassen werden.

Schon 2005 trat eine Kastrationspflicht in Österreich in Kraft, die 2016 um Bauernhof-Katzen ergänzt wurde.

Im Gespräch mit "Heute" erklärt Elisabeth Schmidt, Pressesprecherin der zuständigen Tierschutzlandesrätin Susanne Rosenkranz (FP) NÖ-Landesrätin, die aktuelle Maßnahme. Es handle sich um eine Aufklärungskampagne, die breit aufgefächert für tierliebes Handeln appelliert. "Wir richten uns an engagierte Tierschützer und Vereine zur Tierrettung. Mit unserem Angebot wollen wir Tierleid langfristig bekämpfen und vorbeugen", so Schmidt. Sie ergänzt schriftlich: "Nach vorliegendem Zahlenmaterial werden ca. 1.000 bis 1.300 Streunerkatzen pro Jahr in NÖ (mittels Landesförderung) kastriert."

Jede Kastration schützt Leben

Schon im Februar gab die Landesregierung Einblicke über das triste Leben von Straßenkatzen. Kälte, Unterernährung, Krankheiten und Verletzungen sollen die Lebenserwartung der Katzen von etwa 13 Jahren auf fünf (!) Jahre drosseln. Die verbleibenden Jahre sind oftmals von Ablehnung, Gewalt und gesundheitsgefährdenden Mahlzeiten geprägt.

Laut der zuständigen Landesrätin würden Katzen-Weibchen zwei- bis dreimal jährlich Kätzchen gebären. Jede Schwangerschaft kann zwischen vier und sechs Kätzchen resultieren. Hochgerechnet wäre es der Info-Broschüre zufolge möglich, dass ein unkastriertes Katzenpaar binnen fünf Jahren bis zu 13.000 Nachkommen zeugt.

Mehr Streuner sorgen mit ihrer Immunschwäche für das Verbreiten von Katzenschnupfen und anderen Infektionskrankheiten. Mit einem raschen Eingriff kann das Streunerproblem kontrolliert und über Jahre hinweg vermindert werden.

Lebendfallen sollen Streuner einfangen, um mit einer Kastration das Ausbreiten von Katzenkolonien zu zügeln.
©vgt

"Streunerkatzen dürfen nicht ihrem Schicksal überlassen werden. Melden Sie frei lebende Katzen an den regionalen Tierschutz oder Ihre Gemeinde, damit sie versorgt und kastriert werden können. Werden Sie aktiv! Fangen, Kastrieren, Zurückbringen ist der nachhaltigste Weg, um das Leid herrenloser Katzen zu verhindern", appelliert Landesrätin Susanne Rosenkranz (FP).

Gemeinde beharrt auf gesetzliche Regelung aus 2016

Mit dem Angebot verweist sie auf das Finanzierungsmodell: zwei Drittel der Kastrationskosten werden vom Land getragen, ein Drittel von jeder Gemeinde. Zusätzlich verfügt jede Bezirkshauptmannschaft über mindestens zwei Lebendfallen zum Katzenfangen. "Wir Tierärzt*innen leisten im Rahmen der Initiative einen wichtigen Beitrag, da wir unsere Leistungen für dieses Projekt zu einem vergünstigten Preis anbieten", so Bernhard Kammerer, NÖ-Landesstellenpräsident der Österreichischen Tierärztekammer.

Tierarzt Mag. Bernhard Kammerer, NÖ-Landesstellenpräsident der Österreichischen Tierärztekammer
Österreichische Tierärztekammer

Einige Monate nach Kampagnenstart zeigt sich: das Engagement zur geförderten Tierhilfe schwankt nach Gemeinde. Kammerer zieht Schlüsse: "Die Kampagne hilft, Aufmerksamkeit zu schaffen. Die Kastrationspflicht (geltend seit 2005, Anm.) allein hat nicht ausgereicht. Nur dann, wenn Gemeinden mitmachen, kann das Projekt etwas bewegen."

Seitens der Österreichischen Tierärztekammer heißt es, die Kampagne könne nur durch die in der Praxis gut gelebte Zusammenarbeit zwischen Tierärzten und Tierschutzvereinen funktionieren. Kammerer zufolge sei die Nachfrage an Kastrationen seit Kampagnenstart gestiegen, "...aber wir kommen damit zurecht. Teilweise braucht es mehr Planung, aber es ist machbar."

Entschluss aus 2016 würde genügen

Die Waldviertler Gemeinde Groß Gerungs beteiligt sich beispielsweise nicht an der aktuellen Kampagne des Landes. Auf Nachfrage beruft sich Christian Laister, dortiger Bürgermeister (VP), auf eine Abstimmung aus dem Jahr 2016. Schon damals habe der Gemeinderat abgestimmt, wie mit Streunerkatzen umzugehen sei – dem Jahr, in dem Bauernhofkatzen explizit in die gesetzliche Regulation aufgenommen wurden.

Der Unterschied: 2016 war von keiner Übernahme der Streuner-Kastrationskosten die Rede. Aktuell heißt es, Groß Gerungs würde die Landeskampagne 2025 nicht dezidiert unterstützen und deshalb von Förderungen absehen – hier haben Einwohner die Streuner-Kastration also aus eigener Tasche zu zahlen.

Leistet die Gemeinde keinen finanziellen Beitrag, wird auch vom Land keine Finanzierung übernommen. Warum die Gemeinde Groß Gerungs ihre Mithilfe zur Landeskampagne ablehne, fragt "Heute" den lokalen Bürgermeister. "Es gibt so viele Probleme, wir brauchen Ärzte, arbeiten an einer Kinderbetreuung (...) Diese Themen gehen vor", lautet die Antwort.

Immer öfter würden Privatpersonen mit Streunerkatzen zu Tierärzten kommen.

Fakt ist: Ohne Fördermittel bleiben ehrenamtliche Helfer zumeist auf Kastrationskosten von Streunern sitzen. Diese Preise sind niederösterreichweit standardisiert, Streuner-Helfer wählen die Tierarztpraxis deshalb nach Vertrauen und Erfahrung aus – und nicht nach Kastrationskosoten.

Pro Tier kostet eine Kastration zwischen 60 (Kater) und 120 (Katzendame) Euro. Seit Kampagnenstart würden neben Tierschutz-Vereinen immer mehr Privatpersonen Streuner zum Tierarzt bringen, erzählt Kammerer.

Die Gefahr besteht, dass sich Tierfreunde in Gemeinden ohne Förderung seltener um eine (privat zu zahlende) Streuner-Kastration bemühen würden als mit.

{title && {title} } VF, {title && {title} } Akt. 15.05.2025, 09:02, 15.05.2025, 07:45
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