Zu erschöpft

Palästinenser ignorieren Israels Evakuierungsbefehle

Israel hat die Bevölkerung des Gazastreifens erneut zur Evakuierung aufgerufen. Viele Palästinenser wollen trotz drohender Militäroperation bleiben.
20 Minuten
03.04.2025, 09:01

Evakuierungsanordnungen im gesamten Gazastreifen, ein neuer israelischer Sicherheitskorridor, Luftangriffe: Angesichts der Aussicht, erneut fliehen zu müssen, macht sich unter den erschöpften Palästinensern Hoffnungslosigkeit breit. Während manche ihre wenigen Habseligkeiten zusammenpacken und erneut flüchten, können andere eine weitere Vertreibung nicht mehr ertragen.

Als Ihab Suliman und seine Familie am 19. März aus Dschabalija im nördlichen Gazastreifen vertrieben wurden, konnten sie nur ein paar Lebensmittel und Decken mitnehmen, bevor sie sich auf den Weg in den Süden machten. Es war ihre achte Flucht in den vergangenen 18 Kriegsmonaten. "Das Leben hat keinen Geschmack mehr", sagt der ehemalige Universitätsdozent. "Das Leben und der Tod sind für uns ein und dasselbe geworden."

Suliman gehört zu den Zehntausenden Palästinensern, die aus provisorischen Unterkünften geflohen sind, seit Israel am 18. März eine seit zwei Monaten geltende Waffenruhe gebrochen und Angriffe aus der Luft und am Boden wieder aufgenommen hat.

Israel blockiert Zufuhr von Hilfsgütern

Aus lauter Erschöpfung ignorieren manche Palästinenser die jüngsten Evakuierungsbefehle – selbst wenn sie dadurch ihr Leben riskieren. "Nach anderthalb Jahren zermürbendem Krieg sind Kinder und Eltern mental und körperlich einfach erschöpft", sagt Rosalia Bollen vom Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Unicef.

Auch eine Sprecherin des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA), Juliette Touma, berichtete nach einem Angriff auf ein UNRWA-Gebäude in Dschabalija am Mittwoch, dass viele dort untergebrachte Vertriebene dort geblieben seien, "einfach, weil sie keinen anderen Ort haben, wo sie hingehen können".

Seit einem Monat blockiert Israel die Einfuhr aller Lebensmittel, Treibstoffe und anderer Hilfsgüter in den Gazastreifen. Hilfsorganisationen berichten zudem, dass es keine Zelte oder andere Notunterkünfte für die neuen Vertriebenen mehr gebe.

Am Dienstag schloss das Welternährungsprogramm alle Bäckereien im Gazastreifen, auf die Hunderttausende bei der Brotversorgung angewiesen sind, weil das Mehl ausgegangen war.

Die israelischen Evakuierungsanordnungen betreffen inzwischen weite Teile des Gazastreifens, darunter viele Gebiete von Gaza-Stadt und Städten im Norden, Teile von Chan Junis und fast die gesamte Stadt Rafah und Umgebung im Süden. Am Mittwoch kündigte Verteidigungsminister Israel Katz zudem eine Ausweitung der Einsätze an und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte mit, es werde ein neuer Sicherheitskorridor quer durch den Gazastreifen geschaffen.

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