Man geht mit Freunden feiern, holt sich einen Drink, genießt den Abend. Plötzlich packt einen der Schwindel, vielleicht Übelkeit – das Erwachen am nächsten Morgen bringt die bittere Erkenntnis meist zu spät.
"Ich bin im Krankenhaus aufgewacht und konnte mich an nichts erinnern", erzählt eine junge Frau aus dem Weinviertel im Gespräch mit "Heute". Vor knapp eineinhalb Jahren wurden ihr auf einer Feier K.O.-Tropfen verabreicht. Die Folge war eine Nacht im AKH in Wien.
"Ich hatte sehr viel Glück, weil mir ein aufmerksamer Passant gleich geholfen und die Rettung gerufen hat", erzählt die heute 30-Jährige. "Mir ist davor schwindelig geworden und ich wollte nach Hause".
An ein kurzes Stück des Weges könne sie sich noch erinnern. "Noch vor der Garderobe beginnt aber der Filmriss", erzählt sie. "Man denkt sich nichts dabei, sagt sich 'Mir passiert sowas nicht', aber die Wahrheit ist eine andere".
K.O.-Tropfen stellen eine große Gefahr für Frauen dar. "GHB", eine der häufigsten verwendeten Substanzen – auch bekannt als Liquid Ecstasy – ist geruchs- und geschmacklos. Täter nutzen das aus und verabreichen Frauen die Substanz in einem unbemerkten Moment.
Sexueller Missbrauch sei oft die Folge von der Verabreichung, wie auch Niederösterreichs Landespolizeidirektor Franz Popp weiß: "Täter missachten das Konsens-Prinzip und setzen häufig Substanzen wie K.O.-Tropfen ein, um ihre Opfer wehrlos zu machen".
K.O.-Tropfen können nach deren Verabreichung zu Schwindel, Kontrollverlust, Blackout und anderen sehr schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen führen. Neben unmittelbaren physischen oder psychischen Auswirkungen folgen in diesem Zusammenhang oft auch Nachfolgedelikte aufgrund des Kontrollverlusts wie sexuelle Gewalt und Eigentumsdelikte.
"Besonders erschwerend ist, dass die Betroffenen oft keine klaren Erinnerungen haben, was die strafrechtliche Verfolgung erschwert", so Popp.
Auch bei der 30-Jährigen fehlte am nächsten Morgen jegliche Erinnerung. Nach nur wenigen Stunden war die Substanz in ihrem Blut bereits nicht mehr nachweisbar. "Am Anfang habe ich gar nicht richtig realisiert, was da eigentlich passiert ist", erzähl sie.
Als sie auf der Feier kurz vor die Türe ging, musste sie ihr Glas drinnen stehen lassen. "Da war ein Tisch neben einem Security. Man denkt sich ja nicht, dass da was passieren kann". Doch genau da sei es wohl zu der Verabreichung gekommen.
Erfahrungen des Netzwerks der österreichischen Frauen- und Mädchenberatungsstelle zeigen, dass es aber nicht nur Fremde sind, die K.O.- Tropfen verabreichen.
Oft komme es vor, "dass Frauen zu Hause oder im Freundes- und Bekanntenkreis Opfer von sexueller Gewalt nach der Verabreichung von K.O.-Tropfen werden", verdeutlicht Elisabeth Cinatl, Vorsitzende der Netzwerks.
In Niederösterreich wird deshalb erneut auf die Kampagne "Niederösterreich sagt NEIN zu K.O.-Tropfen" gesetzt. Im Vergangenen Jahr wurden bereits 8.725 Armbänder ausgegeben, die helfen können, GHB in Getränken zu erkennen (ein Tropfen aus dem Glas auf das Band, wenn es sich verfärbt ist der Drink gepanscht). Auch heuer stehen 10.000 Stück zur Verfügung.
Zwar bieten die Bänder keinen 100-prozentigen Schutz, sollen aber "auch auf potenzielle Täter abschreckend wirken", heißt es dazu aus dem Büro von Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP).
Zusätzlich zu den Testarmbändern gibt es auch die Website noe2ko.at, auf der die wichtigsten Informationen, um die Gefahr von K.O.-Tropfen zusammenfasst und Hilfsangebote für Betroffene aufzeigt sind.
Auch die junge Niederösterreicherin weist im Gespräch mit "Heute" darauf hin, wie wichtig es sei, sich zu dem Thema zu informieren. Sie selbst habe nach dem Vorfall Testarmbänder im Internet bestellt.
Aber: "Es ärgert mich, dass es immer wir Frauen sind, die aufpassen müssen", meint die 30-Jährige sauer. "Ich denke, es wird zu wenig Täterprävention betrieben. Immer heißt es: 'Schau auf dein Getränk', 'Geh nicht alleine nach Hause', etc.".
Das gebe ihr das Gefühl, selbst Schuld an der Verabreichung gewesen zu sein, auch wenn immer betont werde, dass die Schuld beim Täter liege. Dennoch befürworte sie die Kampagne des Landes.
"Auch wenn es mich traurig macht, dass wir in einer Welt leben, in der wir ständig auf der Hut sein müssen und uns als Frau nicht wirklich frei fühlen können, finde ich solche Kampagnen gut und wichtig".
Die Testarmbänder des Landes Niederösterreich stehen für Jugendliche und Bezugspersonen in St. Pölten zur Abholung zur Verfügung. Zudem können sie per Mail unter [email protected] bestellt werden.