Gestank kilometerweit, riesige Vogelschwärme und gigantische Müllberge – nach Hinweisen aus der Bevölkerung, Investigativ-Untersuchungen der Umweltschutzorganisation Greenpeace und einer Behörden-Razzia stand im Jänner fest: Das ist der größte Deponie-Skandal der jüngeren Geschichte Österreichs!
Nach einer Anzeige durch Greenpeace griff die Staatsanwaltschaft den Fall auf. Jetzt folgte eine weitere Überraschung: Plötzlich Feuer auf der Deponie!
Mittlerweile gilt es als gesichert, dass die Zöchling GmbH aus dem niederösterreichischen Hainfeld auf der Deponie "Am Lehmofen", einem 17,2 Hektar großen Areal westlich von St. Pölten über Jahre hinweg tausende Tonnen Müll illegal entsorgt haben soll.
Anrainer beobachteten, wie jede Woche unzählige LKW kamen, um stinkende Abfälle anzuliefern. Der Gestank war so stark, dass Betroffene sogar eine Bürgerinitiative gegründet hatten, um für saubere Luft zu kämpfen.
Auf Skandal folgte Skandal. Im Februar, wenige Tage nach dem ersten Fall, berichtete "Heute", dass eine zweite Deponie der Zöchling GmbH – dieses Mal nahe der 3600-Einwohner-Gemeinde Pyhra – unter Verdacht steht, das Trinkwasser zu gefährden.
Zum damaligen Zeitpunkt lagerten dort ebenfalls riesige Mengen Müll, teils auch Problemstoffe (wie Altmedikamente, Altöl, Farben, Lacke, Kleber, Düngemittel, Lösungsmittel, Schwermetalle, Putz- und Reinigungsmittel, Pestizide und Herbizide) offen, ungeschützt auf blanker Erde. Auch in diesem Fall wies das Unternehmen zunächst sämtliche Anschuldigungen zurück.
Nach der Razzia "Am Lehmofen" und Probeschürfe durch die Abteilung für Umwelt- und Anlagenrecht des Landes Niederösterreich an insgesamt 22 Stellen mit bis zu sechs Metern Tiefe war der dortige Sanierungsaufwand als "sehr hoch eingeschätzt" worden.
Zunächst war nicht klar, was die Behörden anordnen werden, doch Ende März stand es dann fest: Sie fordern die komplette Räumung.
Die Zöchling GmbH sah darin einen "unverhältnismäßigen Schritt" und fürchtet um die Anrainer, die Leidtragende eines solchen Schrittes wären. Er bedeute eine massive Zunahme von Geruchs-, Staub- und Lärmbelästigung über Jahre hinweg, hieß es dazu in einer Aussendung des Unternehmens.
Doch vergangenen Samstag wurden die Anrainer dann durch etwas ganz anderes belästigt – dichter schwarzer Rauch, der über St. Pölten zog. Überall der beißende Geruch von brennendem Plastik und Feueralarm in Niederösterreichs Landeshauptstadt.
Als die Einsatzkräfte eintreffen, stehen bereits 300 Quadratmeter der Deponie in Flammen. Es besteht die Sorge, dass der Wind den Brand weiter anfachen könnte.
Sechs Feuerwehren wurden zu dem Großeinsatz der Stufe 3 gerufen, um die Flammen und die kräftige Rauchentwicklung einzudämmen. Den ganzen Nachmittag über standen knapp 80 Einsatzkräfte mit 20 Fahrzeugen im Einsatz, begleitet von der Polizei mit vier Kräften und der Rettung mit drei Helfern, schrieb die Feuerwehr St. Pölten auf ihrer Facebook-Seite.
Schließlich konnte der Brand unter Kontrolle gebracht werden, die Suche nach Glutnestern ging aber weiter. Auch die Zöchling GmbH wurde angehalten, mit Baggern das verbrannte Material zu öffnen.
Schätzungen von Greenpeace zufolge sind in der ehemaligen Lehmgrube "Am Lehmofen" seit den 1960ern mindestens zwei Millionen Tonnen Müll vergraben worden. 2019 wurde das Areal privatisiert und für 900.000 Euro an die Zöchling GmbH verkauft, die seither gute Geschäfte gemacht haben dürfte – auch durch Import von Müll aus Nachbarstaaten.
Insgesamt soll das Unternehmen alleine 2021 mindestens 35.232 Tonnen Müll nach Österreich importiert haben. Darunter Rückstände mechanischer Abfallaufbereitung aus Italien, aber auch menschliche Hinterlassenschaften, kommunale Klärschlämme und Abwasserschlamm aus Slowenien. Das ging aus einer Anfrage der Grünen hervor.
Je nach Zusammensetzung kann die Entsorgung einer einzigen Tonne Müll, laut der Wiener Magistratsabteilung 48, einen dreistelligen Euro-Betrag kosten.
Kostenintensiv dürfte nun auch die weitere Aufarbeitung des Müll-Skandals werden. Immerhin geht es um das Abbaggern tausender Tonnen illegal verscharrten Mülls. Folgt man den Ausführungen der Zöchling GmbH, müssen mindestens 90.000 Kubikmeter abgebaggert werden.
Die Vermutung liegt nahe, dass es weit mehr werden könnte. Auch, weil die Bagger des Unternehmens jetzt zusätzlich Brandreste bearbeiten müssen. Das Gebot zur Räumung bleibt bestehen, auch wenn es laut Behörden mehrere Jahre dauern kann, bis die illegalen Ablagerungen beseitigt sind.
Im Moment gebe es keinen Hinweis auf Brandstiftung, hieß es am Sonntag von der Landespolizeidirektion Niederösterreich, die angibt, keinen Hinweis auf eine andere Zündquelle gefunden zu haben. Man gehe deshalb von spontaner Selbstentzündung des gelagerten Abfalls aus.