FPÖ tobt im Justizausschuss

Aufregung im Parlament über Rechtsextremismus-Bericht

Der Bericht des Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes sorgt auch im Justizausschuss des Nationalrats für Ärger bei der FPÖ.
Newsdesk Heute
02.04.2025, 12:35

Den Bericht über Rechtsextremismus in Österreich 2023 unter Berücksichtigung der Jahre 2020 bis 2022 hat vor einigen Wochen noch die vormalige Justizministerin Alma Zadić (Grüne) dem Nationalrat vorgelegt. Verfasst wurde der Bericht vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) im Auftrag des Justizministeriums und des Innenministeriums.

Der Bericht wurde im Justizausschuss des Nationalrats am Dienstag mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen zur Kenntnis genommen.

Die FPÖ sieht das naturgemäß anders. Die Blauen halten den Bericht für "pseudowissenschaftlich", irreführend und politisch motiviert. Darin würde "alles für rechtsextrem erklärt, was nicht dezidiert links ist", beklagte Generalsekretär Christian Hafenecker zur Veröffentlichung.

Anna Sporrer neben Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei ihrer Angelobung als Justizministerin am 3. März 2025.
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Debatte über Entwicklung des Rechtsextremismus in Österreich

Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ), die erstmals im Justizausschuss in ihrer neuen Rolle anwesend war, betonte die Notwendigkeit, gegen jede Art von Extremismus vorzugehen.

Der Anfall nach dem Verbotsgesetz habe sich mehr als verdreifacht, sei dem Bericht zu entnehmen. Rechtsextremismus sei demnach in Österreich kein Randphänomen mehr. Etwa auch das kürzlich aufgedeckte Netzwerk an vermeintlich Selbstjustiz ausübenden Schlägertrupps zeige die Gefährlichkeit in diesem Bereich.

Sporrer wies darauf hin, dass das Regierungsprogramm der Dreierkoalition einen nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus vorsehe. Auf Rückfragen seitens der FPÖ stellte eine Expertin des Ministeriums klar, dass der Bericht im Auftrag des Justizministeriums und des Innenministeriums erstellt wurde.

Johanna Jachs (ÖVP) betonte, dass die ÖVP jede Art von Extremismus ablehne, entschieden auch den Rechtsextremismus. Den Kampf dagegen habe man ganz oben auf die Agenda geschrieben. Der vorliegende Bericht liege zum ersten Mal im Hohen Haus vor und ergebe zu einem gewissen Grad auch Sinn. Dort, wo ideologische Neigungen durchschlagen, sei er aus gewisser Sicht aber zu weit gefasst, meinte Jachs. Sie sprach sich dafür aus, alle Formen von Extremismus zu beobachten.

Aktionsplan der Regierung

Eine Verdreifachung der Delikte nach dem Verbotsgesetz bezeichnete Muna Duzdar (SPÖ) als erschreckend, sie ortet Handlungsbedarf. Der Bericht zeige Daten und Fakten und bringe unter anderem auch die Vernetzung der Gruppen zum Ausdruck, in besonders hohem Maß mit der deutschen Szene, aber auch mit anderen Ländern. Sie sei dankbar, dass die daraus gezogenen Schlüsse etwa die Entwicklung eines nationalen Aktionsplans gegen Rechtsextremismus umfasse.

Auch Stephanie Krisper (NEOS) hob hervor, dass sich die Koalition im Regierungsprogramm auf einen nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus geeinigt habe. Aus ihrer Sicht müsse insbesondere Augenmerk auf Prävention etwa durch Bildung gelegt werden, um dem Thema Rechtsextremismus möglichst früh zu entgegenzuwirken.

Alma Zadić (Grüne) erachtet den vorliegenden Bericht als absolut notwendig. Er zeige einen Anstieg rechtsextremer Straftaten, ebenso wie etwa der Sicherheitsbericht oder der Verfassungsschutzbericht einen Anstieg von Rechtsextremismus zeigen würden. Aus Sicht der Grünen sei es wichtig, darüber zu diskutieren, daher habe man das Verlangen gestellt, den Bericht auch im Plenum zu diskutieren.

Harald Stefan (FPÖ) übte demgegenüber scharfe Kritik am Bericht. Selbiger sei gegen die FPÖ "politisch motiviert", "pseudowissenschaftlich" und "nicht unvoreingenommen". Zudem halte er die "inflationäre Verwendung" des Begriffs Rechtsextremismus für nicht gut. Außerdem wies er darauf hin, dass zwar die Anzeigen in diesem Bereich zugenommen hätten, nicht aber die Verurteilungen.

Auf Verlangen der Grünen soll die Materie auch im kommenden Nationalratsplenum zur Debatte stehen.

Über den Anstieg rechtsextremistischer Straftaten

Im Bericht selbst wird festgehalten, dass es eine Reihe an Problemen in Sachen Erhebung und Aufbereitung der Daten gebe, die die Aussagekraft der Zahlen und die Möglichkeit sinnvoller Vergleiche über die Zeit limitieren. So könne grundsätzlich eine erhöhte Zahl rechtsextremistischer Straftaten auch mit anderen Faktoren wie einer veränderten gesetzlichen Lage oder Problemwahrnehmung zu tun haben. Nichtsdestotrotz zeige eine Sekundärdatenanalyse der staatlichen Kriminalstatistik, dass die Zahl rechtsextremistischer Straftaten in den Jahren 2020 bis 2023 angestiegen sei.

Unter anderem nimmt der Bericht auch eine ausführliche Darstellung der unterschiedlichsten Szenespektren und Erscheinungsformen im Bereich des Rechtsextremismus in Österreich vor. Was den internationalen Blickwinkel betrifft, sei vor allem für die seit jeher mit dem österreichischen Rechtsextremismus eng verflochtene deutsche Szene ein besonders hohes Maß an Austausch zu konstatieren. Aber auch für eine Reihe anderer Länder sei in relevantem Ausmaß Interaktion feststellbar.

Im Hinblick auf rechtsextreme Publizistik habe sich der rechtsextreme Zeitschriftenmarkt (Print und Online) in Österreich in jüngerer Vergangenheit sehr dynamisch entwickelt. Die Digitalisierung wiederum habe zur Herausbildung neuer Formen eines primär auf mediale Verwertbarkeit hin orientierten Aktionismus, einen Typus des rechtsextremen Influencers, "seltener: der Influencerin", oder zur verstärkten Heranziehung von Videospielen und Gaming-Plattformen zur Verbreitung rechtsextremer Ideologie geführt.

Behandelt wird im Bericht auch das staatliche Handlungsrepertoire zur Bekämpfung rechtsextremistischer "Umtriebe" in Österreich und die Bearbeitung des Rechtsextremismus aus der Perspektive der Behörden. Dabei zeige sich zum einen, dass spezifische Probleme beim Umgang mit entsprechenden Vorkommnissen existieren, und dass zum anderen eine koordinierte Vorgehensweise bzw. ein kontinuierlicher Austausch zwischen den verschiedenen Expert:innen Voraussetzung für eine erfolgreiche und rechtsstaatlich angemessene Verarbeitung der anfallenden Verdachtsfälle sei.

Anstieg bei antisemitischen und antimuslimischen Vorfällen

Was antisemitische und antimuslimische Vorfälle in Österreich betrifft, würden diese in eigenen Meldestellen dokumentiert. Dabei zeige sich 2023 ein starker Anstieg, wobei als wichtigster Erklärungsfaktor die gesellschaftliche Reaktion auf den Terrorangriff auf Israel im Oktober 2023 benannt wird.

In inhaltlicher Hinsicht sei die Bedeutung der einst zentralen Leugnung des Holocausts in jüngerer Vergangenheit zurückgegangen, der Antisemitismus jedoch von prägnanter Bedeutung geblieben.

{title && {title} } red, {title && {title} } 02.04.2025, 12:35
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