In der Haft fühlte er sich immer am wohlsten, das Gefängnis ist fast schon sein Zuhause: Ein 54-Jähriger, der bereits 31 Vorstrafen hat und insgesamt 28 Jahre im Häf'n verbrachte, musste sich nun wegen versuchten Mordes am Wiener Straflandesgericht verantworten.
Am Abend des 7. Juni 2024 war "Kurti" mit Bekannten im Fritz-Imhoff-Park (Mariahilf). Gemeinsam wurde billiger Wein, Jägermeister und Kokain konsumiert. Schließlich näherte sich ein 40-Jähriger und fragte nach Drogen.
"Der hat solche Radln (große Augen, Anm.) gehabt und war sehr aggressiv", berichtete der 54-Jährige beim Prozess-Auftakt im vergangenen Dezember. Der Mann wurde weggeschickt, dies steigerte wiederum die Aggressivität des 40-Jährigen. Er stach "Kurti" mit einem winzigen Messer, das an einem Schlüsselbund befestigt war, in den Bauch: "Da hat's eskaliert. Da muss i aufstehn'n und was machen", erzählt der 54-Jährige im Dezember.
Laut Anklage sprang "Kurti" auf, griff zu einem Brotmesser und stach dem 40-Jährigen damit in den Hals. Laut dem gerichtsmedizinischen Gutachten allerdings nicht besonders wuchtig – die Klinge drang nur zwei Zentimeter tief ein. Für den 40-Jährigen bestand zu keinem Zeitpunkt Lebensgefahr.
Bereits im vergangenen Dezember bekannte sich "Kurti" zur Tötungsabsicht nicht schuldig, sprach von Notwehr. Auch bei der Prozessfortsetzung am Donnerstag bekräftigte der 54-Jährige dies erneut.
Sein Verteidiger, Elmar Kresbach, sprach im Dezember von einer "Rauschtat". Über die Konsequenzen habe "Kurti" nicht nachgedacht: "Da hat sich überhaupt keiner was gedacht dort bei der Sache. Die waren alle bummzu", meinte Kresbach.
Das ganze Leben des 54-jährigen gebürtigen Niederösterreichers ist geprägt von Drogensucht und Kriminalität: Wie die "Krone" berichtete, kam er mit etwa 12 Jahren ins Heim, mit 13 begann seine "Drogenkarriere" in der Karlsplatz-Szene – erst mit Rohypnol, dann mit härteren Drogen. Als er 17 Jahre alt war, folgten mit Einbruchdiebstahl und Betrug die ersten Straftaten.
Nur in den Haftanstalten – in denen er insgesamt 28 Jahre seines Lebens verbrachte – fand er Halt und so etwas wie eine Familie. Mit den Entlassungen fielen Struktur und soziale Kontakte weg. Damit kam "Kurti" nicht zurecht – auch nicht im vergangenen Juni: "Ich war auf der Straße, es war keiner da für mich, es ist mir nicht gut gegangen." Der 54-Jährige rutschte daher wieder ins Drogenmilieu. Die Schöffen sprachen den Mann nur wegen Körperverletzung mit schweren Folgen (und nicht wegen Mordversuchs) schuldig. Das (zu milde) Urteil wurde daher von den Berufsrichtern ausgesetzt.